Im Moment sieht es nicht danach aus, dass der Ernährungscampus rasch im Flughafengebäude entstehen kann. Doch die Zeit drängt – wir können nicht warten, bis die Tempelhof Projekt GmbH vielleicht in 5, 10 oder 15 Jahren das Gebäudeteil K2 saniert hat. Die gegenwärtig dominante Art der Ernährung verursacht 15 bis 21 Prozent der klimaschädlichen Gase – die Ernährungswende in Berlin muss rasch vorangetrieben werden. Deshalb planen wir jetzt den Ernährungscampus „im Exil“ an verschiedenben Orten in der Stadt, um ihn später dann in Tempelhof anzusiedeln.

Wir arbeiten eng mit dem Berliner Ernährungsrat zusammen und haben ein konzeptionelles Papier entwickelt zum Ernährungscampus. Das findet Ihr hier. Wir haben darin auch noch mal den verkorksten Partizipationsprozess im Flughafengebäude aufgearbeitet und legen differenziert dar, was wir unter einer Vertiefung der Demokratie verstehen. Auch unsere Perspektive auf eine zukunftsfähige Wirtschaft, Kommunikation und Organisation beschreiben wir darin.

thf.vision und der Berliner Ernährungsrat sind Praxispartner im EU-Forschungsprojekt FOODSHIFT2030, das im Januar gestartet ist. Beteiligt sind acht Städte und Regionen. Ziel ist es, zivilgesellschaftliche Bewegungen zu unterstützen und zu beforschen, die die Ernährungswende „von unten“ vorantreiben. Die Leitung des auf vier Jahre angelegten Projekts liegt bei der Universität Kopenhagen. Wissenschaftliche Partner in Berlin-Brandenburg sind das Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (Zalf) in Müncheberg, das sich intensiv mit Landwirtschaft im Klimawandel beschäftigt, und das trasdiszipliäre Forschungsunternehmen agrathaer .

Um den Ernährungscampus „im Exil“ voranszubringen, kooperieren wir außerdem mit dem Baumhaus in Berlin Wedding, wo in diesem Jahr eine Art Inkubator für LebensMittelPunkte entstehen soll. LebensMittelPunkte sind dezentrale und für alle offene Orte in der Stadt, wo gute Lebensmittel gehandelt, gelagert, verarbeitet und gekocht werden, wo Ernährungsbildung stattfindet und Menschen sich treffen und austauschen können.

Das Konzept LebensMittelPunkte hat der Berliner Ernährungsrat entwickelt und zusammen mit ihm fordern wir, dass der Senat und die Bezirke geeignete Orte dafür zur Verfügung stellen.

Initiativen ind Spandau und Lichtenberg sind schon länger aktiv, im Haus der Statistik am Alex ist eine Gruppe gerade dabei, einen LebensMittelPunkt aufzubauen. Wir alle setzen uns für eine klimagerechte Ernährung ein – und das heißt: gutes, überwiegend regionales Essen für alle. Die Nahrungsmittel sollen so angebaut und verarbeitet werden, dass es die Lebensgrundlagen künftiger Generationen nicht zerstören. Zugleich müssen die Produzent*innen davon leben können. Weil das heutige Wirtschaftssystem auf immer größere Einheiten und immer billigere Produktion setzt, ist eine grundsätzliche Neuausrichtung notwendig.

Das alles zu entwickeln ist nicht banal – weswegen wir ja den Ernährungscampus so dringend brauchen, wo Wissenschaft, Bildung und Praxiszusammenarbeiten und gemeinsam herausfinden, wie ein zukunftsfähiges, klimagerechtes Ernährungssystem entwickeln!