Erfahrungsbericht vom Jugend-Aktivtag am 31.März 2019

Ein bevorstehender Jugend-Aktivtag mit dem Schwerpunkt „Grün am Flughafengebäude Tempelhof“ erweist sich als Auftakt für einen Haufen neuer Probleme. Die zuständige Beauftragte bei der Tempelhof Projekt GmbH (TP) bringt es in einer Email auf den Punkt, indem sie auflistet, wer bei ihnen alles mit unserem Vorhaben im Voraus einzubeziehen ist: „Facility Management, Grünflächenpflege, Technische Leitung, Event, WISAG, Denkmalschutz – „ein ziemlicher Rattenschwanz, der auch an so kleinen Aktionen hängt, selbst wenn es nur Himbeeren sind!“

Und dann gibt es da die Hochbeete, die wir bauen und aufstellen möchten: direkt neben dem Torhaus? Da verläuft eine unterirdische Rohrleitung, das geht dann also nicht, weil die Beete zu schwer sind. Wie groß genau und wie schwer soll denn so ein Hochbeet werden, wird gefragt – Jedenfalls leichter als eines der Autos, die jeden Tag zwei Meter weiter über die Rohrleitung fahren…….

Denkmalgerechte Blumenkästen….

Ein weiterer Punkt ist die Idee, auf den schon vorhandenen Halterungen an der Außenwand des Torhauses Blumenkästen anzubringen und sie mit den Jugendlichen gemeinsam zu bepflanzen. Es folgt die Aufforderung, die Blumenkästen (bzw eine Zeichnung) vorher der Denkmalschutzbeauftragten bei TP zu zeigen! Denn auch Blumenkästen müssen denkmalgerecht angepasst sein, „zurückhaltend, dem Stil angepasst, nichts Poppiges.“

Wir stellen also fest, dass wir Teil eines großen Experiments sind, in dem Welten aufeinander treffen und sich aneinander gewöhnen müssen: In diesem aktuellen Fall trifft die Welt der Verwaltung, mit komplexen und umständlichen Vorgängen sowie Vorbehalten, von denen andere nichts ahnen, die auf die Welt junger, aktionsorientierter und eher spontaner Menschen.  – Das ist eine Aufgabe von Partizipationsverfahren, dass die „Welten“ sich kennen und verstehen lernen und eine gemeinsame Basis entwickeln, die allen gerecht wird.

Spontane Umplanungen

Der Aktivtag ist da. Drei kleine Himbeer- und Brombeersträucher, etliche Erdbeerpflanzen, Kräuter und Narzissen warten auf ihren Auftritt. Blumenkästen haben wir allerdings nicht gekauft, denn zu den hässlichen Plastikexemplaren, die aktuell in den Baumärkten liegen, konnten wir uns nicht durchringen. Also starten wir mit dem Hochbeet.

Die Gruppe, die sich allmählich beim Torhaus versammelt, beschließt aber spontan: Der Hochbeetbau wird verschoben. Jetzt sollen doch erst mal Blumenkästen her, und zwar selbst gebaute (…. „und die malen wir extra poppig an…“). Es stellt sich schnell heraus, dass die wunderbare „Fliegerwerkstatt“ im Hof 1 genauso spontan alle passenden Materialien herbeizaubern und uns beim Bauen helfen kann: Mit Holzresten für die Kästen und einer aus dem Müll geretteten LKW-Plane mit Werbung für den letzten Tag der offenen Tür im THF („Passt perfekt“). Damit werden die Kästen ausgeschlagen, damit das Holz sich nicht zu schnell zersetzt.

Der Selbstbau dauert länger als gedacht und macht richtig müde. Aber der anschließende Marsch zum Torhaus, das Anbringen und das Bepflanzen der drei neuen Blumenkästen am Schluss des Aktivtages euphorisiert alle. Ob die Kästen den Ansprüchen des Denkmalschutzes gerecht werden, bleibt zunächst offen. (Ein Jahr später sind wir uns sicher: es passt, denn es gab keine Beschwerden).

Grünflächenpflege generell – ein kommendes Thema

Es geht mit dem spielerischen Aktiv-Tag aber auch um einen wichtigen und ernsten Hintergrund, der uns sicher noch intensiv beschäftigen wird: Grünflächen von guter Qualität sind in einer wachsenden Stadt extrem wichtig, so wie weitere Wohnungen. Grünflächen garantieren sichere Freizeitflächen ohne den Stress des Straßenverkehrs. Außerdem gewinnen sie als Faktoren im Klimaschutz und der Klimaanpassung immer mehr an Bedeutung. So steht es auch in der Klimaschutzstrategie des Landes Berlin. Mehr Schatten, eine tiefwurzelnde Vegetation (statt Rollrasen), mehr bewachsenen Boden anstelle von Asphalt, dies sind Maßnahmen für ein klimaangepasstes Berlin. (Ausführlich ausgeführt ist dies auch in der AFOK-Studie für Berlin). Beim Flughafen Tempelhof könnte dies alles umgesetzt werden.

Vielleicht haben wir mit unserem Wunsch nach Himbeersträuchern ein richtig dickes Brett angebohrt. Wir werden weiterbohren und -fragen.
Auch dazu sind Partizipationsverfahren schließlich da.